Viele neue Lämmer sind im Well Land angekommen!
Ein Wunder über Nacht: 30 neue Lämmer im Well Land.
Okay, das ist jetzt (noch) ein wenig übertrieben; es sind “erst” 11 neue, wollige Herdenmitglieder, und nicht alle Lämmer wurden in einer Nacht geboren. Aber diese Zahl ändert sich während der Lammzeit täglich. 😉
Doch warum kommen die Lämmer im Well Land schon Ende Januar auf die Welt?
Weil die ostfriesischen Milchschafe im Herbst daran “denken”, dass Schaf sich fortpflanzen sollte. Eigentlich fangen sie damit sogar schon im August oder September an. Die Schafe sind nämlich “saisonal”, so lautet der Fachbegriff zu diesem Verhalten.
Deswegen darf der Schafbock auch schon am 1. September in die Herde, um dort seiner Arbeit nachzugehen. Das hat einerseits den Grund, damit dem natürlichen Trieb der Schafe gerecht zu werden, andererseits kann man sich als Schäferin oder allgemein als Milchviehbetrieb so auch auf ein gewisses Timing verlassen.
Ein paar “Hard Facts” zum Schafs- und Lämmerleben
Milchschafe sind fünf Monate lang trächtig. Folgerichtig kommen also die ersten Lämmer Ende Januar auf die Welt. Konventionelle Milchviehbetriebe beginnen unmittelbar nach dem Versiegen der ersten Milch (der sehr nahrhaften und für die Gesundheit der Tierkinder lebenswichtigen “Biestmilch”), also wenige Tage nach der Geburt, schon wieder mit dem Melken.
Es gibt außerdem die so genannte “muttergebundene Aufzucht”, bei der die Lämmer noch ca. vier Wochen tagsüber bei ihren Müttern bleiben, nachts woanders untergebracht werden und erst morgens nach dem Melken wieder zu den Mutterschafen zurückkehren. Manche Milchviehbetriebe praktizieren Ammenhaltung, die aber nur bei Ziegen und Kühen funktioniert.
Ziegen haben nämlich vier bis fünf Liter Milch pro Melkzeit, Schafe nur einen. Das erklärt sicher, warum Mutter Schaf nicht zusätzlich zu ihrem eigenen noch fremde Lämmer versorgen kann.
Kurz: Vielfach werden die Lämmer ein bis zwei Tage nach der Geburt von ihren Müttern getrennt – übrigens auch in Biobetrieben. Die muttergebundene Aufzucht gehört nämlich nicht zu den Kriterien für das Bio-Siegel. Teilweise werden die Jungtiere sogar mit Milchaustauschstoffen statt mit echter Muttermilch gefüttert.
Mir ist es wichtig, dass die Lämmer mindestens zwei Monate bei ihren Müttern bleiben. Deswegen melke ich nur von Anfang Mai bis Ende August. Außerdem melke ich nie alle meine 24 Mutterschafe, sondern nur neun. Welche das sind, entscheide ich jedes Jahr neu. Mit der Zeit bekommt man als Schäferin ein Gefühl dafür, welche Tiere “bereit” sind, sich melken zu lassen.
Die Lämmer dieser Schafe bleiben in der Herde bei ihren Halbgeschwistern und den anderen Mutterschafen, und alle Lämmer bekommen ein spezielles Kraftfutter.
Man könnte übrigens den Eindruck gewinnen, dass die neun Mutterschafe, die gemolken werden, das (mit menschlichen Worten ausgedrückt) recht entspannend finden. Es ist nämlich bei aller Mutterliebe ziemlich anstrengend für so ein Schaf, wenn dauernd ein Lamm an einem herumzergelt. Die Mütter unter Ihnen, liebe Leserinnen, wissen möglicherweise, wovon ich schreibe… 😉
Ich melke grundsätzlich mit der Hand. Wenn Sie der Weg von der Milch zur Seife interessiert, schauen Sie sich doch einmal den Beitrag der Sendung “herkules” des HR an. Dort hat sich die Moderatorin Rebecca Rühl ebenfalls darin versucht.
Lammzeit – immer wieder neu und aufregend
Kurz: Es ist gerade eine sehr aufregende Zeit im Well Land, auch, wenn für mich nicht das erste Mal Lammzeit ist. Gerade die Schafe, die zum ersten Mal lammen (in diesem Jahr sind es vier “neue” Mütter), brauchen immer wieder meine Unterstützung. Irgendwie scheinen die Schafe zu wissen, wann ich in den Stall komme.
Lovis, die gestern früh ihr erstes Lamm geboren hat, hat meine Ankunft sozusagen abgepasst: Kaum war ich im Stall, da legte sie sich auf die Seite – und los ging’s mit der Geburt. Ich habe dabei ein wenig geholfen, weil da ein sehr großer Schafbock ans Licht der Welt wollte. Der brauchte dann auch etwas Einhilfe, bis er die Milchbar gefunden hatte. (Die Schafsjungs sind da generell etwas langsamer unterwegs…)
In seltenen Fällen muss ich das eine oder andere Lamm mit der Flasche aufziehen. Ingrid, das Chefschaf beispielsweise, schafft es neben all ihren anderen Aufgaben einfach nicht, ihre Lämmer ganz allein zu versorgen, und vertraut sie mir dann meistens die halbe Zeit an. Inzwischen habe ich mir die Arbeit ein wenig erleichtert und einen Nuckeleimer angeschafft. Da können alle Lämmer gleichzeitig trinken.
Da meistens während der Melkzeit Milch übrig bleibt, die ich für die Seifen nicht benötige, friere ich diese ein und füttere dann damit die Lämmer, die glaubhaft den Eindruck erwecken, nicht genug von Mama Schaf zu bekommen.
Und wenn Sie, liebe Kundin, lieber Kunde, dieser Tage etwas länger auf Ihr Päckchen warten müssen, liegt das nicht daran, dass ich irgendwo einen Latte Macchiato mit Schafsmilch trinke, sondern mich neben der Produktion von Seife und Kosmetika als Geburtshelferin, Erstgebärendenberuhigerin, Ersatzschafsmama und Kraftfutterzubereiterin betätige. 😉